Chronik des Hauses
Geschichte
Seit 20 Jahren ist die weiße Villa am Schwanenwik 38 die Heimat des Literaturhauses Hamburg. Doch ihre Geschichte reicht weit zurück: Kaufmannsfamilien wohnten hier, später nutzten ein Orthopäde sowie eine Tanzschule den Saal für medizinische Gymnastik und Tanz. Lange Jahre war das Haus Domizil eines staatlichen Mädchenheims, dem »Wohnheim für weibliche Lehrlinge, Durchgangsheim für gefährdete weibliche Jugendliche und Schutzhaftstelle für Aufgegriffene«. Es stand nur kurz leer, bis das Literaturhaus Hamburg im September 1989 seine Türen öffnete.
Entstehung des Baugrunds und Bau des Hauses
- 1837 Dr. August Abendroth erwirbt das Gelände rund um das Gut Uhlenhorst von der Hamburger Kämmerei.
- 1853-58 Zwischen St. Georg und Uhlenhorst entsteht ein Verbindungsweg, der 1888 den Namen Schwanenwik erhält.
- 1864-68 Abendroth teilt sein Gut in mehrere Parzellen ein, die er zum Verkauf anbietet.
- 1864 Der Tischler Heinrich Friedrich Christian Stuckenberg erwirbt eine dieser Parzellen und teilt diese in zwei Grundstücke. Diese verkauft er an den Architekten Jean David Jolasse (Nr. 37) und den Maurermeister Johann Georg Friedrich Haller (Nr. 38). Nach der Bebauung veräußern beide die Grundstücke gewinnbringend.
Die ersten Bewohner: eine Kaufmanns- und Bankiersfamilie
- 1868 Der Kaufmann C. N. Fraeb erwirbt Hallers klassizistische Reihenhausvilla, an deren Bau auch Jolasse als Architekt beteiligt ist.
- 1889 Fraeb verkauft das Haus Nr. 38 weiter an den Bankier Adolph von Pein, der den Gartensaal (heute Eddy-Lübbert-Saal) zum Musizieren und für Feste anbauen lässt. Der Gartensaal ist neben dem wiederaufgebauten Spiegelsaal im Museum für Kunst und Gewerbe der einzige erhaltene seiner Art in Hamburg.
- 1908 Nachdem Adolph von Pein 1896 stirbt, bleibt seine Witwe Maria Louise Wilhelmine von Pein zunächst weiterhin im Schwanenwik 38 wohnen, verkauft dann aber das Haus an Dr. med. Franz Justus Krieg.
Wohnhaus, Arztpraxis und Tanzschule
- 1908 Krieg nutzt das Haus als Wohnraum und betreibt hier auch seine Heilgymnastische Privatanstalt Dr. Krieg.
- 1915 Der Hauptausschuss für Körpererziehung e. V. kommt als Untermieter hinzu.
- 1924 Die Hamburger Bewegungschöre Labanschule, eine Tanzschule des ungarischen Tänzers und Choreographen Rudolf von Laban, zieht unter der Leitung von Albrecht Knust in den Gartensaal. Der Radiologe Dr. Hermann Holthusen wird weiterer Untermieter.
- 1934 Lola Rogge übernimmt die Leitung der Tanzschule von Knust.
- 1937 Die Nationalsozialisten ordnen an, die Labanschule in Lola-Rogge-Schule umzubenennen. Laban selbst wird zur Emigration gezwungen.
- 1938 Krieg verkauft sein Haus schließlich an die Stadt Hamburg zur Nutzung durch ein Mädchenheim. Die Lola-Rogge-Schule muss ihre Räumlichkeiten verlassen.
Wohnheim für Mädchen
- 1939 Das »Wohnheim für weibliche Lehrlinge, Durchgangsheim für gefährdete weibliche Jugendliche und Schutzhaftstelle für Aufgegriffene« öffnet seine Türen. Untergebracht werden sozial auffällige Mädchen, die hier Disziplinarmaßnahmen erfahren.
- 1941 Auch das Nebenhaus, Schwanenwik 37, wird nach der Enteignung der jüdischen Besitzer als Mädchenheim genutzt. Damit steigt die Kapazität der Einrichtung auf 100 Schlafplätze.
- 1943 Beide Häuser dienen kurzzeitig zudem als Notunterkunft für ausgebombte Parteimitglieder.
- 1945 Im Mai beschlagnahmen englische Militärbehörden das Heim, geben es aber im Sommer wieder frei. Das Heim nimmt seine Arbeit wieder auf, aber mit neuem pädagogischen Konzept. Im »Durchgangsheim für Mädchen« werden junge, schulentlassene Frauen, die familiäre oder soziale Probleme haben, kurzzeitig untergebracht.
- 1958 Das Haus Nr. 37 geht wieder in den Besitz der enteigneten Eigentümer aus der UdSSR über. Das Durchgangsheim konzentriert sich ab jetzt wieder auf den Schwanenwik 38.
- 1985 Die Zeit des Mädchenheims geht nach mehr als 45 Jahren zu Ende. Die Einrichtung wird geschlossen, und ihre Bewohnerinnen werden auf die übrigen Hamburger Heime verteilt.
Einzug des Literaturhaus e.V.
- 1987 Das Haus steht zwei Jahre leer und verkommt zusehends. Der Einzug des neu gegründeten Literaturhaus e.V. kann das Gebäude vor weiterem Verfall bewahren. Nach Jahren der Abriegelung öffnet sich das unrenovierte Haus wieder für die Öffentlichkeit.
- 1989 Dr. Gerd Bucerius erwirbt das Gebäude für die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius (ZEIT STIFTUNG BUCERIUS) und stellt es dem Literaturhaus e.V. mietfrei zur Verfügung. Zudem trägt die Stiftung große Teile der Renovierungskosten. 2,7 Millionen Mark steuert die Stadt Hamburg bei. Für den laufenden Betrieb spendet der Bremerhavener Großkaufmann Eddy Lübbert eine weitere Million. Im Januar beginnt die aufwändige Umbauphase. Neben architektonischen Veränderungen werden Restaurierungsarbeiten durchgeführt und Stuckaturen, Deckengemälde, Wandmalereien und Bodenbeläge wiederhergestellt.
Ein Haus für die Literatur
- 1989 Am 12. September findet die feierliche Eröffnung des Literaturhauses Hamburg statt. Die Buchhandlung Samtleben, die seitdem im Literaturhaus ansässig ist, öffnet ebenfalls ihre Türen.
- 1992 Christina Weiss, die erste Programmleiterin, wird Kultursenatorin in Hamburg. Die Autorin, Dramaturgin und Literaturwissenschaftlerin Ursula Keller übernimmt die Leitung der Programm- und Veranstaltungsgestaltung.
- 2005 Der Germanist, Literaturkritiker und Autor Rainer Moritz wird neuer Programmleiter und Geschäftsführer des Literaturhauses.
- 2015 Im August übernimmt das Ehepaar Nicola und Michael Ränsch die Gastronomie.
- 2018 Der gläserne Personenlift wird eingebaut.
- 2019 Der große Festsaal des Literaturhauses erhält bei der Feier zum 30. Jubiläum offiziell den Namen Eddy-Lübbert-Saal.
- 2020 Der Eddy-Lübbert-Saal wird denkmalgerecht saniert.
- 2023/24 Weitere Restaurierungsarbeiten werden an Decke und Wänden des Saals durchgeführt.
Entstehungsgeschichte
Anlässlich des 20. Jubiläums wurde die Vorgeschichte des Literaturhauses von Lena Kovač aufgearbeitet.
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ZEIT Stiftung Bucerius
stellt dem Literaturhaus e.V. das Gebäude mietfrei zur Verfügung. Außerdem ermöglichte die ZEIT STIFTUNG BUCERIUS umfangreiche Umbau- und Instandsetzungsmaßnahmen in den letzten Jahren und fördert darüber hinaus einzelne Projekte. Eddy Lübbert
Seit der Gründung des Literaturhauses war der Bremerhavener Unternehmer Eddy Lübbert (1924–2016) ein überaus großzügiger Mäzen, der zur Sanierung der Immobilie am Schwanenwik einen erheblichen Beitrag leistete und über all die Jahre die Programmarbeit des Literaturhauses unterstützte. Als Würdigung wurde der Festsaal 2019 umbenannt in Eddy-Lübbert-Saal.- © Behörde für Kultur und Medien
Behörde für Kultur und Medien Hamburg
ermöglichte durch einen die institutionelle Förderung ergänzenden Sonderzuschuss im Bereich energiesenkender Maßnahmen 2023 die LED-Umrüstung im Literaturhaus.