Neuigkeiten

img 3753 aspect ratio 4 3
10. Dezember 2024

Mara-Cassens-Preis 2024 an Nora Schramm

Für ihren Roman »Hohle Räume«, erschienen im März 2024 bei Matthes & Seitz Berlin, erhält Nora Schramm den Mara-Cassens-Preis des Literaturhauses Hamburg. Die feierliche Preisverleihung findet am 15. Januar 2025 im Literaturhaus Hamburg statt.

Der Mara-Cassens-Preis ist mit 20.000 Euro der höchstdotierte Preis für einen deutschsprachigen Debütroman. Er wird von einer ehrenamtlichen Leserinnen- und Leserjury vergeben. Im Sinne der 2015 verstorbenen Förderin Mara Cassens soll der Preis Autorinnen und Autoren eine Chance bieten, sich nach dem ersten Roman für eine Zeit lang ganz dem Schreiben zu widmen. Ronya Othmann (2020), Stefanie vor Schulte (2021), Annika Büsing (2022) und Dana Vowinckel (2023) bekamen den Preis in den Vorjahren.

Die Jury setzt sich jedes Jahr neu aus 15 Mitgliedern des Literaturhaus-Vereins zusammen, die sich nicht beruflich mit Büchern beschäftigen. 2024 beurteilte sie 74 eingereichte Debütromane eines starken Jahrgangs. In der Endrunde waren Çiğdem Akyols »Geliebte Mutter – Canım Annem«, Raoul Eiseles »Als Versprechen dieser Zeit«, Kaleb Erdmanns »wir sind pioniere«, Selina Holešinskys »Schaltiere am Waldboden«, Sara Klatts »Das Land, das ich dir zeigen will«, Julja Linhofs »Krummes Holz«, Felicitas Prokopetz’ »Wir sitzen im Dickicht und weinen«, Lea Ruckpauls »Bye bye Lolita« und Toxische Pommes’ »Ein schönes Ausländerkind«. Zum Gewinnertitel wählte die Jury Nora Schramms »Hohle Räume«.

Die Ich-Erzählerin Helene, erfolgreiche Künstlerin, kehrt heim, weil die Eltern sich scheiden lassen. Es gilt, den materiellen Besitz und den emotionalen Ballast von vierzig Ehejahren zu sortieren. Die Mutter hörte mit der Geburt von Helene auf als Lehrerin zu arbeiten und arrangierte sich nur äußerlich mit der Rolle als Hausfrau; der Vater, Mediziner, dem die Körperlichkeit anderer zuwider ist, war als Pharmavertreter viel unterwegs und doch stets zum Abendbrot zurück. Helene wandelt – scheinbar unbeteiligt – ohne konkrete Aufgabe durch das Haus und den Ort. Und wieso ist Molly, einst Pflegekind in der Familie, plötzlich wieder da? Die Zustände im Elternhaus provozieren Helene stärker zu neuen Rauminstallationen als zur Konfrontation mit den Menschen und ihren Beziehungen.

Aus der Begründung der Jury: »Von der ersten Zeile an besticht ›Hohle Räume‹ durch seine meisterhafte Sprache. Jedes Wort, jeder Satz sitzt in diesem bemerkenswerten Debütroman. Nora Schramm nimmt darin die Figuren in ihrer Vielschichtigkeit in den Blick. Das Leben im Eigenheim zeigt sich voller unnützer Haushaltsgegenstände und aufgeschobener Lebensentwürfe. Einstudiertes Schweigen und Gerede verhindern wirkliche Nähe. Scharf beobachtend entwirft die Autorin Szenen einer bürgerlichen Kleinfamilie und seziert die finanziellen und zwischenmenschlichen Werte. Alles, was hier eindeutig zu sein schien, wird zerlegt oder versandet nach und nach. Die Geschichte wird mit subtilem Humor, manchmal an der Grenze zum Grotesken erzählt und bleibt dennoch traurig und berührend. Dieses Debüt hat uns durch seinen einzigarten Stil und seine hohe literarische Qualität nachhaltig beeindruckt. Wir freuen uns auf Weiteres von Nora Schramm.«

noraschrammfoto clara guenther aspect ratio 4 3Nora Schramm © Clara Günther
Nora Schramm © Clara Günther
Nora Schramm © Clara Günther

Nora Schramm, 1993 in der Südpfalz geboren, studierte Fremdsprachen und Kulturwissenschaften in Gießen sowie Theorien und Praktiken professionellen Schreibens in Köln. Ihre Arbeit wurde mehrfach mit Stipendien gefördert. »Hohle Räume« wurde vor dem Mara-Cassens-Preis bereits mit dem Kranichsteiner Literaturförderpreis ausgezeichnet. Sie lebt in Köln.

Am 15. Januar 2025 findet die feierliche Preisverleihung im Literaturhaus Hamburg statt. Jana Schiedek, Staatsrätin der Behörde für Kultur und Medien Hamburg, spricht ein Grußwort, die Autorin Ulrike Anna Bleier hält die Laudatio. Nora Schramm liest aus ihrem Roman und spricht mit der Jury. Die öffentliche Veranstaltung ist ausgebucht, ein Liveübertragung auf dem YouTube-Kanal des Literaturhauses ist geplant.