Recherchestipendien für Hamburger Literaturschaffende

Drei neue Stipendien für Literatur und Comic

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Naomi Kelechi Odhiambo

Naomi Kelechi Odhiambo, geboren 1994, ist Regisseurin, Kuratorin, Schauspielerin und Autorin.

Ihre Arbeiten umfassen Stück-, Drehbuch-, und Konzeptentwicklungen, Gedichte sowie Kurzprosa. Sie ist außerdem Mitbegründerin des Collective POWER.HAUS, das sich seit 2024 auf den Austausch nationaler und internationaler afro-diasporischer Perspektiven in der Kunst- und Kulturlandschaft konzentriert. Das Stipendium möchte sie nutzen, um eine Fortsetzung ihres Theaterstückes »Dinge, die wir nicht sagen« zu schreiben. Dafür möchte sie die Themen von Verlust und Tod in Rio de Janeiro erforschen. Im Zentrum ihrer Recherche steht das Viertel Santa Teresa, in dem die afrobrasilianische Kultur und Kunstszene eine Gemeinschaft bildet und kulturelle Widerstandsfähigkeit lebt.

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Noelle Kröger © Marie Becker

Noëlle Kröger, geboren 1997, absolvierte den Bachelor und Master in Illustration an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg.

Krögers Geschichten kreisen um Themen wie Geschlechtersetzungen und kulturelle Normen. Noëlle Kröger ist Mitglied des Comic Geheimclubs und gehört zum Team des Comicfestivals Hamburg. 2024 erschien das Comicdebüt »Meute« bei Reprodukt, in dem Vorurteile hinterfragt und herrschende Strukturen kritisiert werden. Mit dem Stipendium möchte Noëlle Kröger sich mit den Gegebenheiten der Tiefsee-Forschung und -Ausbeutung vertraut machen sowie einen Gebärdensprachkurs belegen, um in einer neuen Graphic Novel die Forschungsreise einer hörbehinderten Figur adäquat darzustellen und ihr Sichtbarkeit zu verschaffen.

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Simone Buchholz © Gerald von Foris

Simone Buchholz, geboren 1972, lebt und schreibt seit 1996 in Hamburg.

Bis 2024 arbeitete Simone Buchholz ehrenamtlich im Board von PEN Berlin. Ihre Chastity-Riley-Reihe über eine unkonventionelle Staatsanwältin wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Krimipreis und dem International Dagger Award. Die nachfolgenden Romane »Unsterblich sind nur die anderen« und »Nach uns der Himmel«, ebenfalls bei Suhrkamp erschienen, sorgten für viel Aufmerksamkeit und fanden eine begeisterte Leserschaft. Das Stipendium wird die Autorin in den Spessart führen. Simone Buchholz plant einen Familienroman, in dem die Lebensgeschichten von drei Generationen von Frauen miteinander verwoben werden: »eine Mischung aus Zeitgeschichte, magischem Realismus und BRD Noir.«

Für Hamburger Literaturschaffende

Recherchestipendien

Der Flyer »Raus! Nur Raus! Die literarische Rallye durch Hamburg« ist aufgefaltet. Eine Karte von Hamburg ist darauf zu sehen.© Literaturhaus
© Literaturhaus

2024 vergab die Behörde für Kultur und Medien in Kooperation mit dem Literaturhaus zum dritten Mal drei Recherchestipendien an in Hamburg lebende Autorinnen, Übersetzer und Comiczeichnerinnen. Die Stipendien wurden 2022 und 2023 vom Literaturhaus aus den Erlösen des literarischen Stadtführers »Raus! Nur raus! Zu den Lieblingsorten der Hamburger Literatur« finanziert. Nun ist es der Behörde für Kultur und Medien gelungen, die Mittel für das stark nachgefragte Stipendienprogramm zu verstetigen, so dass die dritte Runde mit drei Stipendien à 3.000 Euro starten konnte. Das Stipendium finanziert Recherchevorhaben für ein literarisches Projekt.

Förderungswürdig sind z. B. Recherche­aufenthalte im In- und Ausland, Reise- und Hotelkosten, aber auch Kurse und Weiterbildungen, die als Grundlage für literarische Projekte dienen. Bewerben können sich alle in Hamburg lebenden, professionell arbeitenden Autorinnen und Autoren, Comiczeichnerinnen und -zeichner sowie literarische Übersetzerinnen und Übersetzer.

Die drei Recherchestipendien aus der Ausschreibungsrunde 2024 erhielten Schriftstellerin Simone Buchholz, Comiczeichner:in Noëlle Kröger und Dramatikerin Naomi Kelechi Odhiambo.

Auf die erste Ausschreibung 2022 hatten sich 60 Autor:innen sowie Comiczeichner:innen beworben. In diesem Durchgang hat sich die Jury für drei Projekte entschieden, die Recherchereisen beinhalten.
Der Schriftsteller Anselm Neft ist bereits aus Japan zurück, wo er zu Ortserkundung und Kunststudien für seinen neuen Roman »Ein Nachruf auf Fukuro Hayashi« unterwegs war.
Die Autorin Mia Raben bekam das Stipendium, um in Łódź, der Geburtsstadt ihrer Mutter, für ihren Roman mehr über die polnische Textilindustrie zu erfahren.
Die Comic-Zeichnerin Xiju Tomorrow reist in die USA; an drei Standorten der NASA möchte sie ihr Comic-Projekt »Frankenstine« weiterentwickeln.

In der zweiten Ausschreibungsrunde wurden aus 61 Bewerbungen die Projekte von Hatice Açıkgöz, Karen Köhler und Sascha Preiß zur Förderung mit je 3.000 Euro ausgewählt.
Die Autorin und Kolumnistin Hatice Açıkgöz möchte das Stipendium nutzen, um in deutschen Städten, in denen rassistische und rechtsextreme Fälle bekannt geworden sind, für ihren Debütroman zu recherchieren.
In ihrem neuen Romanprojekt beschäftigt sich die Hamburger Autorin Karen Köhler mit dem Themenkomplex Körper als Herkunft und erforscht die Grenzen der Ich-Konstruktion. Dank des Stipendiums kann sie Interviews in einer Reha-Klinik führen und ein Seminar besuchen.
Sascha Preiß, Autor und Mitbegründer von »tau · zeitschrift für literatur«, möchte für sein autofiktionales Projekt »Die Sache mit meinem Bruder« den letzten Aufenthaltsorten seines vor 20 Jahren verstorbenen Bruders nachspüren.

Das literarische Hamburg entdecken

Raus! Nur raus!

Der Flyer »Raus! Nur Raus! Die literarische Rallye durch Hamburg« und das Buch »Raus! Nur Raus! Unterwegs zu Lieblingsorten der Hamburger Literatur«© Literaturhaus
© Literaturhaus

»Raus! Nur raus!« lautet die literarische Aufforderung, Hamburg zu entdecken, neu auf bekannte Literaturorte zu blicken und sich darüber auszutauschen.

»Raus! Nur raus!« – unter diesem Motto veröffentlichten das Literaturhaus und die Behörde für Kultur und Medien im Pandemie-Sommer 2020 einen Stadtführer. Mit den Erlösen wurden sechs Recherchestipendien ermöglicht. Das Folgeprojekt »Raus! Nur raus! – Die literarische Rallye durch Hamburg« führte zu weiteren zwanzig literarischen Orten.

Die Druckprodukte wurden von der Grafikerin und Buchgestalterin Kathleen Bernsdorf gestaltet.

Mit der Literaturszene durch Hamburg

Der literarische Stadtführer

In dem im Junius Verlag erschienenen Stadtführer locken Autorinnen und Autoren, Buchhändler, Journalistinnen, Veranstalterinnen und Verlagsmitarbeiter in Kneipen und Cafés, laufen durch Parks, lotsen zu Buchhandlungen und an Gedenk- und Veranstaltungsorte. Vor allem erzählen sie persönliche Geschichten, die sie mit diesen Orten verbinden – Eskapaden, Erinnerungen, Episoden aus einem Leben für die Literatur.

Zu Wort kommen rund fünfzig Akteurinnen und Akteure des Hamburger Literaturbetriebs, denen die hiesige Literaturszene ihre Lebendigkeit und ihren Ideenreichtum verdankt und die mit ihren ganz subjektiven Texten zum Besinnen, Erleben und Flanieren durch die Hansestadt einladen. Ergänzt werden die Beiträge durch Insiderwissen, einen eigens gestalteten Stadtplan, Illustrationen von Kathleen Bernsdorf und eindrückliche Fotografien von Tara Wolff. Das Projekt wurde im Sommer 2020 von der Behörde für Kultur und Medien sowie dem Literaturhaus Hamburg initiiert, Herausgeberinnen sind Antje Flemming und Carolin Löher. Der Erlös des Buches fließt direkt in die Literatur in Hamburg: in sechs Recherchestipendien.

Von Teufelsbrück und dem Römischen Garten in Blankenese, vorbei an der Ringelnatztreppe und der Brücke 10, über die Reeperbahn und die Lombardsbrücke, mit Abstecher bei Michelle Records und beim Hotel Wedina, mit Umweg über den Ohlsdorfer Friedhof und durch den Hammer Park zum Wandsbeker Markt und nach Jenfeld, natürlich mit Verweilpausen in Bibliotheken und Buchhandlungen; vom Anleger bis zu den Zwangsarbeiterbaracken – und sogar zum Mond führt dieses literarische Hamburg-Buch.

Mit Beiträgen von: Jürgen Abel, Thomas Andre, Petra Bamberger, Lubi Barre, Daniel Beskos, Stefan Beuse, Thomas Bleitner, Isabel Bogdan, Kirsten Boie, Carsten Brosda, Simone Buchholz, Katja Cebulla, Daniela Dobernigg, Reimer Boy Eilers, Antje Flemming, Lutz Flörke, Cornelia Franz, Michael Friederici, Katharina Hagena, Folke Havekost, Steffen Herrmann, Ingo Herzke, Sandra Hiemer, Ann-Kristin Hohlfeld, Annette Huber, Nefeli Kavouras, Rasha Khayat, Karen Köhler, Stephanie Krawehl, Carolin Löher, Torsten Meinicke, Nils Mohl, Rainer Moritz, Eva Müller, Franziska Otto, Matthias Politycki, Alexander Posch, Sascha Preiß, Till Raether, Michaela Rommel, Vera Rosenbusch, Stephan Samtleben, Katrin Seddig, Nicole Seifert, Leona Stahlmann, Annemarie Stoltenberg, Sebastian Stuertz, Ulrike Syha, Karina Tungari, Regula Venske, Carolin Vogel, Katrin Weiland, Tilman Winterling.

»Raus! Nur raus! Unterwegs zu Lieblingsorten der Hamburger Literatur«, Junius Verlag, Hamburg, 120 Seiten mit ca. 60 vierfarbigen Abbildungen, Englische Broschur, Umschlag als Faltplan, 15,5 x 10,5 cm, ISBN 978-3-96060-534-8, 8,– € [D].

Bestellen Sie es direkt beim Junius Verlag oder holen Sie es sich in der Buchhandlung Samtleben.

Der Umschlag des Buchs »Raus! Nur Raus! Unterwegs zu Lieblingsorten der Hamburger Literatur« liegt nur noch halb um das Buch.© Literaturhaus
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Raus! Nur raus! Buch
Der Umschlag des Buchs »Raus! Nur Raus! Unterwegs zu Lieblingsorten der Hamburger Literatur« ist aufgefaltet. Darauf zu sehen ist eine illustrierte Karte von Hamburg.© Literaturhaus
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Raus! Nur raus! Faltplan zum Buch

Literaturorte in Hamburg

Rallye

Das Projekt »Raus! Nur raus! – Die literarische Rallye durch Hamburg« führt zu zwanzig Orten, die beispielhaft für die Vielfalt des literarischen Lebens der Stadt stehen. Unterwegs treffen die Teilnehmenden auf viele weitere Buchmenschen und -orte.

Der eigens entworfene und aufwändig illustrierte Stadtplan wirft einen neuen Blick auf Hamburg: Hier bietet statt des Hauptbahnhofs die Zentralbibliothek oder statt des Rathauses das Heine-Denkmal Orientierung. Die beteiligten Orte werden mit Nummern auf der Karte und mit kurzen Beschreibungen auf ihrer Rückseite präsentiert. Zusätzlich sind einige Denkmäler und Erinnerungsorte verzeichnet, die die Rallye noch lohnenswerter machen. Buchhandlungen außerhalb des Zentrums, Veranstaltungsstätten, Bibliotheken, Museen oder Theater: Hier stehen etablierte Orte neben jungen Initiativen und Geheimtipps.

An jedem Ort erhielt man ein Fähnchen zu Aufkleben. Wer mindestens zehn (von zwanzig) Fähnchen gesammelt hatte, bekam ein Überraschungspaket. Rund 10.000 Exemplare des Faltplans waren in der Stadt verteilt. Viele nutzen die Karte auch ohne die Teilnahme an der Rallye, um neue Orte aufzusuchen.

Der Flyer »Raus! Nur Raus! Die literarische Rallye durch Hamburg« wird über einen aufgefalteten Flyer gehalten.© Literaturhaus
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Raus! Nur raus! Rallye

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