alex capus
Einmal könnten sie einander tatsächlich begegnet sein: im November 1914 auf dem Zürcher Hauptbahnhof. Ausgehend von diesem möglichen Zusammentreffen schafft Alex Capus in seinem neuen Roman „Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer” (Hanser Verlag) ein faszinierendes Zeitpanorama des 20. Jahrhunderts, in dem er den Lebensläufen dreier Menschen nachspürt, die eher zufällig und fast gegen ihren Willen zu Schlüsselfiguren der Zeitgeschichte wurden: Der spätere Nobel-Preisträger Felix Bloch, geboren in Zürich, entschied sich aus Abscheu gegenüber Waffen für die Quantenphysik und gegen den Maschinenbau. Nach der Emigration in die USA lernte er Robert Oppenheimer kennen und arbeitete zeitweise an der Entwicklung der Atombombe mit. Emile Gilliéron, der schon als Junge wunderbare Zeichnungen aus dem Ärmel schüttelte, verließ das enge Villeneuve, um in die Welt hinaus zu gehen. Er assistierte Heinrich Schliemann bei seinen Ausgrabungen, und wenn einem minoischen Krieger auf einem Fries ein Arm oder ein Speer fehlte, so ersetzte er diesen und prägte damit – stets am Rande der Fälschung balancierend – entscheidend das historische Verständis einer ganzen Generation. Laura d‘Oriano, die rebellische Tochter einer Musikerfamilie aus Smyrna, wäre so gern eine große Sängerin geworden. Aber ihr Talent reichte nur für „Anuschka, die Nachtigall aus Kiew” im „Chat noir” in Marseille, nachdem sie sich von ihrem Schweizer Ehemann und den beiden Töchtern losgesagt hat. Nach Ausbruch des Krieges ging sie als französische Spionin nach Italien.
Dem Schweizer Schriftsteller Alex Capus, 1961 in der Normandie geboren, gelingt nach seinem überaus erfolgreichen Roman „Léon und Louise” von 2011 erneut das Kunststück, tiefgründige Recherche zu feiner Literatur zu verspinnen, die ebenso faktengesättigt wie federleicht daherkommt. Stets schwingt die Idee mit, so, aber auch ganz anders könne es sich zugetragen haben: „Es wäre ein Zufall, wenn Emile Gilliéron bei der Ausfahrt aus dem Zürcher Hauptbahnhof das Mädchen und den Burschen wahrgenommen hätte, aber ich wünsche es mir.” Sein Helden-Trio, beinahe zu Fußnoten in der Geschichte heruntergekürzt, wird durch Capus zu prototypischen Vertretern eines Jahrhunderts mit all seinen Widersprüchen. Denn: Es sind nicht die Entscheidungen, die ein Menschenleben formen. Es sind die Zufälle.
Einmal könnten sie einander tatsächlich begegnet sein: im November 1914 auf dem Zürcher Hauptbahnhof. Ausgehend von diesem möglichen Zusammentreffen schafft Alex Capus in seinem neuen Roman „Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer” (Hanser Verlag) ein faszinierendes Zeitpanorama des 20. Jahrhunderts, in dem er den Lebensläufen dreier Menschen nachspürt, die eher zufällig und fast gegen ihren Willen zu Schlüsselfiguren der Zeitgeschichte wurden: Der spätere Nobel-Preisträger Felix Bloch, geboren in Zürich, entschied sich aus Abscheu gegenüber Waffen für die Quantenphysik und gegen den Maschinenbau. Nach der Emigration in die USA lernte er Robert Oppenheimer kennen und arbeitete zeitweise an der Entwicklung der Atombombe mit. Emile Gilliéron, der schon als Junge wunderbare Zeichnungen aus dem Ärmel schüttelte, verließ das enge Villeneuve, um in die Welt hinaus zu gehen. Er assistierte Heinrich Schliemann bei seinen Ausgrabungen, und wenn einem minoischen Krieger auf einem Fries ein Arm oder ein Speer fehlte, so ersetzte er diesen und prägte damit – stets am Rande der Fälschung balancierend – entscheidend das historische Verständis einer ganzen Generation. Laura d‘Oriano, die rebellische Tochter einer Musikerfamilie aus Smyrna, wäre so gern eine große Sängerin geworden. Aber ihr Talent reichte nur für „Anuschka, die Nachtigall aus Kiew” im „Chat noir” in Marseille, nachdem sie sich von ihrem Schweizer Ehemann und den beiden Töchtern losgesagt hat. Nach Ausbruch des Krieges ging sie als französische Spionin nach Italien.
Dem Schweizer Schriftsteller Alex Capus, 1961 in der Normandie geboren, gelingt nach seinem überaus erfolgreichen Roman „Léon und Louise” von 2011 erneut das Kunststück, tiefgründige Recherche zu feiner Literatur zu verspinnen, die ebenso faktengesättigt wie federleicht daherkommt. Stets schwingt die Idee mit, so, aber auch ganz anders könne es sich zugetragen haben: „Es wäre ein Zufall, wenn Emile Gilliéron bei der Ausfahrt aus dem Zürcher Hauptbahnhof das Mädchen und den Burschen wahrgenommen hätte, aber ich wünsche es mir.” Sein Helden-Trio, beinahe zu Fußnoten in der Geschichte heruntergekürzt, wird durch Capus zu prototypischen Vertretern eines Jahrhunderts mit all seinen Widersprüchen. Denn: Es sind nicht die Entscheidungen, die ein Menschenleben formen. Es sind die Zufälle.