Anna Gavalda
Wie ein Chanson ist Anna Gavaldas neuer Roman. Von verlorener Liebe, von Verletzungen und Einsamkeit singt er, aber auch von Zärtlichkeit und Freundschaft und endet in einem Lobgesang auf die Menschlichkeit: Nacht für Nacht scheuern die Hände der fragilen Camille Fauque Fußböden, entleeren Mülleimer und polieren Fenster. Hände, die einst Pinsel hielten. Keine 27 ist Camille und bis auf die „Kieselsteine in ihrem Bauch“ innerlich leer, am Ende ihrer Kräfte. Philibert Marquet de La Durbellière ist ein aus der Zeit Gefallener. Der adelige Postkartenverkäufer weiß alles über Marie-Antoinette und Ludwig XI., doch begegnet er einem Menschen aus Fleisch und Blut, bekommt er kein Wort über die Lippen. Franck Lestafier rührt sechs Nächte die Woche in einem Edelrestaurant mit Grimm im Bauch die feinsten Saucen an. Einen anderen Hunger kennt er nicht, gerade noch Motorräder und Mädchen entlocken ihm die Spur eines Gefühls. Erst als sich seine Großmutter Paulette mit Zähnen und Klauen vor dem Altenheim wehrt, erwacht Franck aus seiner Schattenexistenz. Diese vier anrührenden Randgestalten gründen eine „Familie der Schwergebeutelten“, sind fortan füreinander Schutzengel und Muttervaterkind in einem.
Dank Gavaldas Auge für den Alltag und Gespür für Gespräche entsteht ein Sog, der einen so schnell nicht aus der verstaubten Wohnung mit der Badewanne auf Löwenfüßen entlässt. Wie mit dem literarischen Zauberstab berührt, verwandelt sich das Paris unserer Tage en passant in einen Ort voller Magie: „Camille breitete die Arme aus und flog über den Champ-de-Mars. Sie streifte den Eiffelturm, kitzelte die Sterne und landete vor dem Hintereingang des Restaurants.“ Man muss den Mut der jungen Französin bestaunen, in den Hochzeiten der literarischen Vereinzelung alles auf das Prinzip Hoffnung zu setzen. Nicht die Einsamkeit des postmodernen Menschen, nicht die immer groteskere Züge annehmende Ich-Fixierung ist es, die die „Urenkelin von Maupassant“ (Die Zeit) interessiert. Wir können einander retten, so Gavaldas altmodisches wie visionäres Credo. Davon brauchen wir mehr.
Wie ein Chanson ist Anna Gavaldas neuer Roman. Von verlorener Liebe, von Verletzungen und Einsamkeit singt er, aber auch von Zärtlichkeit und Freundschaft und endet in einem Lobgesang auf die Menschlichkeit: Nacht für Nacht scheuern die Hände der fragilen Camille Fauque Fußböden, entleeren Mülleimer und polieren Fenster. Hände, die einst Pinsel hielten. Keine 27 ist Camille und bis auf die „Kieselsteine in ihrem Bauch“ innerlich leer, am Ende ihrer Kräfte. Philibert Marquet de La Durbellière ist ein aus der Zeit Gefallener. Der adelige Postkartenverkäufer weiß alles über Marie-Antoinette und Ludwig XI., doch begegnet er einem Menschen aus Fleisch und Blut, bekommt er kein Wort über die Lippen. Franck Lestafier rührt sechs Nächte die Woche in einem Edelrestaurant mit Grimm im Bauch die feinsten Saucen an. Einen anderen Hunger kennt er nicht, gerade noch Motorräder und Mädchen entlocken ihm die Spur eines Gefühls. Erst als sich seine Großmutter Paulette mit Zähnen und Klauen vor dem Altenheim wehrt, erwacht Franck aus seiner Schattenexistenz. Diese vier anrührenden Randgestalten gründen eine „Familie der Schwergebeutelten“, sind fortan füreinander Schutzengel und Muttervaterkind in einem.
Dank Gavaldas Auge für den Alltag und Gespür für Gespräche entsteht ein Sog, der einen so schnell nicht aus der verstaubten Wohnung mit der Badewanne auf Löwenfüßen entlässt. Wie mit dem literarischen Zauberstab berührt, verwandelt sich das Paris unserer Tage en passant in einen Ort voller Magie: „Camille breitete die Arme aus und flog über den Champ-de-Mars. Sie streifte den Eiffelturm, kitzelte die Sterne und landete vor dem Hintereingang des Restaurants.“ Man muss den Mut der jungen Französin bestaunen, in den Hochzeiten der literarischen Vereinzelung alles auf das Prinzip Hoffnung zu setzen. Nicht die Einsamkeit des postmodernen Menschen, nicht die immer groteskere Züge annehmende Ich-Fixierung ist es, die die „Urenkelin von Maupassant“ (Die Zeit) interessiert. Wir können einander retten, so Gavaldas altmodisches wie visionäres Credo. Davon brauchen wir mehr.