Di 15.2.05
20.00 Uhr
Ort: Literaturhaus
6,50/4,-/3,-

Dagmar Leupold

Dagmar Leupold liest aus "Nach den Kriegen", Gerhard Henschel liest aus "Kindheitsroman". Rainer Moritz moderiert Dagmar Leupold liest aus "Nach den Kriegen", Gerhard Henschel liest aus "Kindheitsroman". Rainer Moritz moderiert

Zwei Kindheiten, zwei autobiografische Erinnerungswelten, die auf sehr unterschiedliche Weise eine Mentalitätsgeschichte der jungen Bundesrepublik lebendig werden lassen. Dagmar Leupold legt eine Tochter-Vater-Geschichte vor: „Aus Bruchstücken ein Vater, aus Bruchstücken die Tochter, die Risse sichtbar und erhellend.“ Eine Spurensuche, die weder abrechnen noch Risse kitten will. Die unbefriedigende Trennung vom sterbenden Vater setzt das Nichtmiteinander-Können im Leben fort. Es gelingt Leupold in beklemmenden Alltagsschilderungen und historischen Dokumentationen, den gestaltlosen Vater posthum einzufangen: der verbitterte Studienrat, Jahrgang 1913, despotisch, dauerrauchend, kriegsversehrt – sein Geltungstrieb: „oh ich sehne mich nach der Führung über Menschen“. Mehr als die Tochter vermutet hätte, arrangierte er sich mit dem NS-Regime. Der Vater ist ein Vertreter seiner Zeit mit ihrer „Unfähigkeit zur Gegenwart“. Die Frankfurter Rundschau lobt: „… eine wunderbare Erzählung über die Unmöglichkeit des Verstehens – ein gelungenes Stück Literatur.“

In Gerhard Henschels „Kindheitsroman“ geht es um die nächste Generation: Der kleine Martin Schlosser erzählt von der Welt einer Beamtenfamilie in der Provinz der 60er und 70er Jahre. Nicht große politische Geschehnisse, sondern kleine Geschichten zählen: das Zeugnisgeld, die kurze Karriere als Ladendieb, ein Sandkastenstreit. Die Eltern sind präsent in formelhaften Ermahnungen – „Sitz gerade“, „Bist du im Zirkus groß geworden?“ -, die sich mit reaktionären Strafen abwechseln: Ohrfeigen, Hausarrest oder, am schlimmsten, das Einsperren im schwarzen Klo – „Tür zu, Schlüssel rum und kein Licht!“. Akribisch listet Martin auf, was die Kindheit vertraut und greifbar machte: Weihnachtsgeschenke; Ferien bei Oma und Opa; Werbesprüche; Fußballtore und die Begleiter – Huckleberry Finn, Lassie, Urmel aus dem Eis. So entsteht „das interessanteste, ergreifendste und formal radikalste deutsche Buch des letzten Jahres“ (SZ).

6,50/4,-/3,-

Zwei Kindheiten, zwei autobiografische Erinnerungswelten, die auf sehr unterschiedliche Weise eine Mentalitätsgeschichte der jungen Bundesrepublik lebendig werden lassen. Dagmar Leupold legt eine Tochter-Vater-Geschichte vor: „Aus Bruchstücken ein Vater, aus Bruchstücken die Tochter, die Risse sichtbar und erhellend.“ Eine Spurensuche, die weder abrechnen noch Risse kitten will. Die unbefriedigende Trennung vom sterbenden Vater setzt das Nichtmiteinander-Können im Leben fort. Es gelingt Leupold in beklemmenden Alltagsschilderungen und historischen Dokumentationen, den gestaltlosen Vater posthum einzufangen: der verbitterte Studienrat, Jahrgang 1913, despotisch, dauerrauchend, kriegsversehrt – sein Geltungstrieb: „oh ich sehne mich nach der Führung über Menschen“. Mehr als die Tochter vermutet hätte, arrangierte er sich mit dem NS-Regime. Der Vater ist ein Vertreter seiner Zeit mit ihrer „Unfähigkeit zur Gegenwart“. Die Frankfurter Rundschau lobt: „… eine wunderbare Erzählung über die Unmöglichkeit des Verstehens – ein gelungenes Stück Literatur.“

In Gerhard Henschels „Kindheitsroman“ geht es um die nächste Generation: Der kleine Martin Schlosser erzählt von der Welt einer Beamtenfamilie in der Provinz der 60er und 70er Jahre. Nicht große politische Geschehnisse, sondern kleine Geschichten zählen: das Zeugnisgeld, die kurze Karriere als Ladendieb, ein Sandkastenstreit. Die Eltern sind präsent in formelhaften Ermahnungen – „Sitz gerade“, „Bist du im Zirkus groß geworden?“ -, die sich mit reaktionären Strafen abwechseln: Ohrfeigen, Hausarrest oder, am schlimmsten, das Einsperren im schwarzen Klo – „Tür zu, Schlüssel rum und kein Licht!“. Akribisch listet Martin auf, was die Kindheit vertraut und greifbar machte: Weihnachtsgeschenke; Ferien bei Oma und Opa; Werbesprüche; Fußballtore und die Begleiter – Huckleberry Finn, Lassie, Urmel aus dem Eis. So entsteht „das interessanteste, ergreifendste und formal radikalste deutsche Buch des letzten Jahres“ (SZ).

Medienpartner NDR Info