davide longo
„Er begriff, daß das Schweigen die Dinge festhielt.”
In einem halbverlassenen Bergdorf im italienischen Piemont scheint sich die Ewigkeit eingenistet zu haben. Die wenigen Bewohner, die nicht vor der Einsamkeit und der Stille des Schnees in die Städte geflohen sind, gleichen dem sie einschließenden Bergmassiv; schroff und schweigsam sind sie geworden: „Man könnte meinen, in diesem Tal sei Reden eine Schande.” Eines Nachts stört ein Leichenfund die vermeintliche Ruhe des Ortes. Cesare findet seinen Patensohn im Trinkwasserbassin: „Faustos rechtes Ohr baumelte nur noch an einem dünnen Stück Haut. Eine kleine Forelle schwamm dicht um ihn herum, immer wieder öffnete und schloß sie ihre Lippen.” Jahrelang hatten die beiden gemeinsam als Schleuser gearbeitet und dabei Flüchtlinge über die italienisch-französische Grenze gebracht. Cesare hat sich zurückgezogen, als der Drogenhandel das Geschäft veränderte. Zurück in seiner kargen Hütte, die er mit seiner Hündin und der schmerzenden Erinnerung an seine verstorbene Frau teilt. Eine Kommissarin wird mit dem Mordfall betraut. Bei ihren Ermittlungen, die vom Autor immer wieder geschickt mit den grobkörnigen Erinnerungen des Protagonisten kontrastiert werden, kommt sie Cesare näher. „Er kam sehr zögernd, so unentschlossen wie das Wetter zwischen zwei Jahreszeiten. Das bißchen Wissen, das er noch über die Frauen hatte, wandte er jetzt an, sie verlangsamte ihre Bewegungen, um ihm Zeit zu geben, Zeit zum Erkunden, aber dennoch fühlten sie sich allein.” Näher, als es manch einem lieb ist, denn eines Tages findet er seinen aufgeschlitzten Hund an der Decke baumeln und die vom Körper getrennten Hundeaugen auf dem Bettlaken. Er weiß: „Hier muß jeder für etwas büßen.” „Sie auch?” „Alle”.
Davide Longo schafft mit seiner knappen und präzisen Sprache einen so spannenden wie ungewöhnlichen Roman. Der aus der Zeit gefallene bezwingende Kantus der Auflösung ist bei Wagenbach erschienen.
„Er begriff, daß das Schweigen die Dinge festhielt.”
In einem halbverlassenen Bergdorf im italienischen Piemont scheint sich die Ewigkeit eingenistet zu haben. Die wenigen Bewohner, die nicht vor der Einsamkeit und der Stille des Schnees in die Städte geflohen sind, gleichen dem sie einschließenden Bergmassiv; schroff und schweigsam sind sie geworden: „Man könnte meinen, in diesem Tal sei Reden eine Schande.” Eines Nachts stört ein Leichenfund die vermeintliche Ruhe des Ortes. Cesare findet seinen Patensohn im Trinkwasserbassin: „Faustos rechtes Ohr baumelte nur noch an einem dünnen Stück Haut. Eine kleine Forelle schwamm dicht um ihn herum, immer wieder öffnete und schloß sie ihre Lippen.” Jahrelang hatten die beiden gemeinsam als Schleuser gearbeitet und dabei Flüchtlinge über die italienisch-französische Grenze gebracht. Cesare hat sich zurückgezogen, als der Drogenhandel das Geschäft veränderte. Zurück in seiner kargen Hütte, die er mit seiner Hündin und der schmerzenden Erinnerung an seine verstorbene Frau teilt. Eine Kommissarin wird mit dem Mordfall betraut. Bei ihren Ermittlungen, die vom Autor immer wieder geschickt mit den grobkörnigen Erinnerungen des Protagonisten kontrastiert werden, kommt sie Cesare näher. „Er kam sehr zögernd, so unentschlossen wie das Wetter zwischen zwei Jahreszeiten. Das bißchen Wissen, das er noch über die Frauen hatte, wandte er jetzt an, sie verlangsamte ihre Bewegungen, um ihm Zeit zu geben, Zeit zum Erkunden, aber dennoch fühlten sie sich allein.” Näher, als es manch einem lieb ist, denn eines Tages findet er seinen aufgeschlitzten Hund an der Decke baumeln und die vom Körper getrennten Hundeaugen auf dem Bettlaken. Er weiß: „Hier muß jeder für etwas büßen.” „Sie auch?” „Alle”.
Davide Longo schafft mit seiner knappen und präzisen Sprache einen so spannenden wie ungewöhnlichen Roman. Der aus der Zeit gefallene bezwingende Kantus der Auflösung ist bei Wagenbach erschienen.