jenny erpenbeck & dirk kurbjuweit
Zwei herausragende Romane dieses Frühjahrs, zwei Autoren, die in keine Schublade des Literaturbetriebs passen: Jenny Erpenbeck, Jahrgang 1967, begibt sich in „Heimsuchung” (Eichborn Berlin) an die Ufer des Scharmützelsees, ans südöstlich von Berlin gelegene „Märkische Meer” (Theodor Fontane). Dort steht ein Haus, dessen Geschichte sie zurückverfolgt und dessen wechselnde Bewohner sie in kleinen Erzählszenen auftreten lässt. Mit beeindruckender stilistischer Finesse zeichnet der Roman ein Panorama, das die politischen Desaster des 20. Jahrhunderts ebenso einschließt wie den scheinbar unverrückten Gang des Jahreszeitenrhythmus, personifiziert durch die Figur eines Gärtners. Fast mühelos gelingt es Jenny Erpenbeck, ihren Charakteren ein ganz individuelles Gepräge zu geben, und vermeidet es dabei tunlichst, diese in einen ausladenden, dekorativen Familienroman einzupassen. „Die Geschichte ist das, was sich an jedem Ort als Sediment abgelagert hat. Jenny Erpenbeck hat einen Roman von enormer poetischer Kraft geschrieben, der genau dies eindrücklich zur Darstellung bringt” (Neue Zürcher Zeitung).
Dirk Kurbjuweit, Jahrgang 1962, hingegen führt seine Leser in die krude politische Welt Berlins. Privatdetektiv Arthur Koenen sieht sich mit einem ungewöhnlichen Auftrag konfrontiert: Die Ehefrau des Fraktions- und Parteivorsitzenden Leo Schiff zweifelt an dessen Treue und will ihn beschatten lassen – ein Job, der Koenen einiges abverlangt. Erst ein gegen sein Berufsethos verstoßender Einbruch erhärtet seinen Verdacht: Schilf ist seit längerem in eine Affäre mit seiner Fraktionskollegin Anna Tauert verstrickt, die pikanterweise gegen die von Schilf unterstützte Gesundheitsreform wettert. „Klarheit, Wahrheit – das ist es, was der Detektiv zur Welt beiträgt”, Koenens so ehrenvolles Motto lässt sich in diesem Fall nicht eindeutig umsetzen, zumal er im Lauf seiner Ermittlungen Sympathien für die junge Abgeordnete Tauert entwickelt – eine Haltung, die zu einer höchst unkonventionellen Schließung der Akte Schilf führt. „Nicht die ganze Wahrheit” (Nagel & Kimche) ist ein glänzend geschriebener Roman über eine durchaus wiedererkennbare politische Kaste, die in der Literatur meist nur als Klischeeverschnitt auftritt.
Zwei herausragende Romane dieses Frühjahrs, zwei Autoren, die in keine Schublade des Literaturbetriebs passen: Jenny Erpenbeck, Jahrgang 1967, begibt sich in „Heimsuchung” (Eichborn Berlin) an die Ufer des Scharmützelsees, ans südöstlich von Berlin gelegene „Märkische Meer” (Theodor Fontane). Dort steht ein Haus, dessen Geschichte sie zurückverfolgt und dessen wechselnde Bewohner sie in kleinen Erzählszenen auftreten lässt. Mit beeindruckender stilistischer Finesse zeichnet der Roman ein Panorama, das die politischen Desaster des 20. Jahrhunderts ebenso einschließt wie den scheinbar unverrückten Gang des Jahreszeitenrhythmus, personifiziert durch die Figur eines Gärtners. Fast mühelos gelingt es Jenny Erpenbeck, ihren Charakteren ein ganz individuelles Gepräge zu geben, und vermeidet es dabei tunlichst, diese in einen ausladenden, dekorativen Familienroman einzupassen. „Die Geschichte ist das, was sich an jedem Ort als Sediment abgelagert hat. Jenny Erpenbeck hat einen Roman von enormer poetischer Kraft geschrieben, der genau dies eindrücklich zur Darstellung bringt” (Neue Zürcher Zeitung).
Dirk Kurbjuweit, Jahrgang 1962, hingegen führt seine Leser in die krude politische Welt Berlins. Privatdetektiv Arthur Koenen sieht sich mit einem ungewöhnlichen Auftrag konfrontiert: Die Ehefrau des Fraktions- und Parteivorsitzenden Leo Schiff zweifelt an dessen Treue und will ihn beschatten lassen – ein Job, der Koenen einiges abverlangt. Erst ein gegen sein Berufsethos verstoßender Einbruch erhärtet seinen Verdacht: Schilf ist seit längerem in eine Affäre mit seiner Fraktionskollegin Anna Tauert verstrickt, die pikanterweise gegen die von Schilf unterstützte Gesundheitsreform wettert. „Klarheit, Wahrheit – das ist es, was der Detektiv zur Welt beiträgt”, Koenens so ehrenvolles Motto lässt sich in diesem Fall nicht eindeutig umsetzen, zumal er im Lauf seiner Ermittlungen Sympathien für die junge Abgeordnete Tauert entwickelt – eine Haltung, die zu einer höchst unkonventionellen Schließung der Akte Schilf führt. „Nicht die ganze Wahrheit” (Nagel & Kimche) ist ein glänzend geschriebener Roman über eine durchaus wiedererkennbare politische Kaste, die in der Literatur meist nur als Klischeeverschnitt auftritt.