Do 7.9.06
20.00 Uhr
Ort: Literaturhaus, Schwanenwik 38, 22087 Hamburg
10,-/8,-/6,-

Martin Walser

liest aus seinem neuen Roman “Angstblüte” Jörg Magenau moderiert

Martin Walser gehört seit seinem Debütroman “Ehen in Philippsburg” zu den wenigen Autoren, die sich für ökonomische Zusammenhänge interessieren und den Wirtschaftsteil der Tageszeitung nicht nur als Einwickelpapier für Bodenseefische verwenden. Und so ist es nur folgerichtig, dass, nach Chauffeuren, Immobilienmaklern oder Staatskanzleibeamten, in Walsers neuem Roman “Angstblüte” ein angesehener Münchner Anlageberater im Mittelpunkt steht: Karl von Kahn, ein rüstiger 70-Jähriger. Unterstützt von zwei Mitstreitern hat sich die Kahn’sche Kanzlei zu einer renommierten Adresse für Kunden entwickelt, die den Leitsätzen des Altmeisters getreulich folgen. In mühsamer Überzeugungsarbeit ist es von Kahn gelungen, seine solvente Kundschaft davon zu überzeugen, dass plumper Konsum ihrer unwürdig sei und es stattdessen um die “Wieder- und Wieder- und Wiederanlage des Erworbenen” gehe. Geldvermehrung dient der Angstüberwindung und wird, in dieser Perspektive, zum Selbstzweck, zur “art pour l’art”, der mit moralischen Kritieren nicht beizukommen sei. Und: Geld verschafft Unabhängigkeit, befreit von den Zwängen, anderen zu gefallen.

“Angstblüte” erzählt von Einsamkeit, von Sex im Alter und dessen Verbalisierung, vom Aufbruch und von der Lächerlichkeit eines Finanzgurus, der in den Armen einer sehr blonden, sehr jungen Frau die wahre Liebe wiederfinden will. Gut kann das nicht ausgehen, für den Helden zumindest. Die Vitalität, die Martin Walser an den Tag legt, ist verblüffend – und degradiert die meisten seiner jüngeren Kollegen zu blutarmen Bedenkenträgern. “In ihm stritt sich, was sich widersprach, nicht”, diese Maxime schafft die Freiheit, auch die eigentümlichsten Irrungen und Wirrungen des Lebens ernst zu nehmen. “Sehnsucht”, so lernen wir, “ist die einzige Empfindung, in der man sich nicht täuschen kann”, doch wehe, wenn die Sehnsucht nach Erfüllung strebt.

10,-/8,-/6,-

Martin Walser gehört seit seinem Debütroman “Ehen in Philippsburg” zu den wenigen Autoren, die sich für ökonomische Zusammenhänge interessieren und den Wirtschaftsteil der Tageszeitung nicht nur als Einwickelpapier für Bodenseefische verwenden. Und so ist es nur folgerichtig, dass, nach Chauffeuren, Immobilienmaklern oder Staatskanzleibeamten, in Walsers neuem Roman “Angstblüte” ein angesehener Münchner Anlageberater im Mittelpunkt steht: Karl von Kahn, ein rüstiger 70-Jähriger. Unterstützt von zwei Mitstreitern hat sich die Kahn’sche Kanzlei zu einer renommierten Adresse für Kunden entwickelt, die den Leitsätzen des Altmeisters getreulich folgen. In mühsamer Überzeugungsarbeit ist es von Kahn gelungen, seine solvente Kundschaft davon zu überzeugen, dass plumper Konsum ihrer unwürdig sei und es stattdessen um die “Wieder- und Wieder- und Wiederanlage des Erworbenen” gehe. Geldvermehrung dient der Angstüberwindung und wird, in dieser Perspektive, zum Selbstzweck, zur “art pour l’art”, der mit moralischen Kritieren nicht beizukommen sei. Und: Geld verschafft Unabhängigkeit, befreit von den Zwängen, anderen zu gefallen.

“Angstblüte” erzählt von Einsamkeit, von Sex im Alter und dessen Verbalisierung, vom Aufbruch und von der Lächerlichkeit eines Finanzgurus, der in den Armen einer sehr blonden, sehr jungen Frau die wahre Liebe wiederfinden will. Gut kann das nicht ausgehen, für den Helden zumindest. Die Vitalität, die Martin Walser an den Tag legt, ist verblüffend – und degradiert die meisten seiner jüngeren Kollegen zu blutarmen Bedenkenträgern. “In ihm stritt sich, was sich widersprach, nicht”, diese Maxime schafft die Freiheit, auch die eigentümlichsten Irrungen und Wirrungen des Lebens ernst zu nehmen. “Sehnsucht”, so lernen wir, “ist die einzige Empfindung, in der man sich nicht täuschen kann”, doch wehe, wenn die Sehnsucht nach Erfüllung strebt.

Medienpartner NDR Kultur