Do 29.5.08
20.00 Uhr
Ort: Literaturhaus - Schwanenwik 38 - 22087 Hamburg
Michail Paweletz: Michail Paweletz
10,-/8,-/6,-

michael chabon

liest aus „Die Vereinigung jiddischer Polizisten” Michail Paweletz liest den deutschen Text Julika Griem moderiert

Es ist wieder so weit. Eine „seltsame Zeit für Juden” ist angebrochen. Sie sollen fort. Bis zum letzten Zipfel der Erde hat man sie 1948 getrieben; nach der Shoa und dem Kollaps Israels haben sie sich zwischen Eis und Schnee ein Stückchen Normalität gesichert, doch nun ist auch diese Enklave bedroht. „Alaska den Ureinwohnern” – die Juden müssen weg. In seinem neuen Roman „Die Vereinigung jiddischer Polizisten” (Kiepenheuer & Witsch) entwirft Pulitzer-Preisträger Michael Chabon die gar nicht so aberwitzige Vision eines jüdischen Staates am Ende der Welt, der vom Untergang bedroht ist. Durch die vereisten Straßen von Sitka taumelt der abgehalfterte Polizeiinspektor Meyer Landsman, eine großartig tief gesunkene Gestalt, trinkend, Jiddisch fluchend und mit tiefschwarzen Gedanken, wie sie dem „einsamsten Juden im Distrikt Sitka” gut zu Gesicht stehen. Dann liegt im üblen Hotel Zamenhof, wo auch Landsman nach der Scheidung von seiner rotlockigen Kollegin Bina Gelbfish ein ranzig Kämmerlein bewohnt, ein ehemaliges Schach-Wunderkind mit Kugel im Kopf und Spritze im Arm, der auch noch rein zufällig der verstoßene Sohn des mächtigsten aller Rabbis ist. Doch wegen der „Reversion” sollen alle ungeklärten Fälle in einem Giftschrank vermodern. Gemeinsam mit seinem Cousin Berko Shemets, einem riesigen Juden indianischer Abstammung, macht sich der „vakuumversiegelte” Meyer auf eigene Faust auf, den Mörder des vermeintlichen Messias zu fangen und landet bis zum Hals im Sumpf aus Korruption und religiösem Wahn des jiddischen Absurdistans.

Feuerwerkskörpern gleich durchzischen Michael Chabons Sätze – von Andrea Fischer wundervoll ins Deutsche übertragen – die dunkle Nacht Sitkas, manche funkeln wie ein Goldregen, andere knallen laut, bevor sie verglühen, aber jeder ist ein Fest für sich: „Ein unsichtbares Gas umwölkt Landsmans Gedanken, Abgase von einem Bus, der mit laufendem Motor mitten in seinem Gehirn parkt.” Chabons grandioser Genremix, zwischen Kriminalroman und Groteske, bei dem man bei jedem Umblättern meint, gleich grinst einem der Golem ins Gesicht, hat die Aufmerksamkeit Hollywoods auf sich gezogen: Die Coen-Brüder wollen die jiddische Mär verfilmen. Bei allem Respekt.

10,-/8,-/6,-

Es ist wieder so weit. Eine „seltsame Zeit für Juden” ist angebrochen. Sie sollen fort. Bis zum letzten Zipfel der Erde hat man sie 1948 getrieben; nach der Shoa und dem Kollaps Israels haben sie sich zwischen Eis und Schnee ein Stückchen Normalität gesichert, doch nun ist auch diese Enklave bedroht. „Alaska den Ureinwohnern” – die Juden müssen weg. In seinem neuen Roman „Die Vereinigung jiddischer Polizisten” (Kiepenheuer & Witsch) entwirft Pulitzer-Preisträger Michael Chabon die gar nicht so aberwitzige Vision eines jüdischen Staates am Ende der Welt, der vom Untergang bedroht ist. Durch die vereisten Straßen von Sitka taumelt der abgehalfterte Polizeiinspektor Meyer Landsman, eine großartig tief gesunkene Gestalt, trinkend, Jiddisch fluchend und mit tiefschwarzen Gedanken, wie sie dem „einsamsten Juden im Distrikt Sitka” gut zu Gesicht stehen. Dann liegt im üblen Hotel Zamenhof, wo auch Landsman nach der Scheidung von seiner rotlockigen Kollegin Bina Gelbfish ein ranzig Kämmerlein bewohnt, ein ehemaliges Schach-Wunderkind mit Kugel im Kopf und Spritze im Arm, der auch noch rein zufällig der verstoßene Sohn des mächtigsten aller Rabbis ist. Doch wegen der „Reversion” sollen alle ungeklärten Fälle in einem Giftschrank vermodern. Gemeinsam mit seinem Cousin Berko Shemets, einem riesigen Juden indianischer Abstammung, macht sich der „vakuumversiegelte” Meyer auf eigene Faust auf, den Mörder des vermeintlichen Messias zu fangen und landet bis zum Hals im Sumpf aus Korruption und religiösem Wahn des jiddischen Absurdistans.

Feuerwerkskörpern gleich durchzischen Michael Chabons Sätze – von Andrea Fischer wundervoll ins Deutsche übertragen – die dunkle Nacht Sitkas, manche funkeln wie ein Goldregen, andere knallen laut, bevor sie verglühen, aber jeder ist ein Fest für sich: „Ein unsichtbares Gas umwölkt Landsmans Gedanken, Abgase von einem Bus, der mit laufendem Motor mitten in seinem Gehirn parkt.” Chabons grandioser Genremix, zwischen Kriminalroman und Groteske, bei dem man bei jedem Umblättern meint, gleich grinst einem der Golem ins Gesicht, hat die Aufmerksamkeit Hollywoods auf sich gezogen: Die Coen-Brüder wollen die jiddische Mär verfilmen. Bei allem Respekt.