michael kleeberg
Wie so manches gute Buch hört auch der neue Roman „Karlmann” (DVA) von Michael Kleeberg nicht mit einem Happy End auf, sondern fängt damit an: Karlmann, der seinen altdeutschen Namen hasst und sich Charly nennt, heiratet seine Traumfrau. Zeitgleich siegt Boris Becker völlig unerwartet in Wimbledon. Der Romanheld verfolgt das Ereignis und ist euphorisiert: „Game, set and match Becker. Der reißt die Arme hoch, sein Kopf hängt. So geht er zum Netz. Das strahlende Jungenlachen. Erlösung. Charly hat gesiegt. Zuversicht fürs eigene Leben sitzt jetzt so fest auf seinen Knochen wie das Muskelfleisch.” Spät am Abend, zum krönenden Abschluss seiner feierlichen Rede, „schenkt” der wohlhabende Vater Charly die Stelle des Geschäftsführers in einem Opel-Autohaus. Gedanklicher Höhenflug und mittelmäßige Realität prallen erstmals aufeinander.
„Wenn es einen deutschen Schriftsteller der Gegenwart gibt, der die Erneuerung der deutschen Literatur aus dem Geist des Erzählens verkörpert, dann ist es Michael Kleeberg”, notierte Tilman Krause. Um dem Alltag seines Durchschnittshelden sein Geheimnis zu entreißen, verdichtet der Autor und Proust-Übersetzer Kleeberg den Roman auf fünf Momente, jeweils einige Stunden eines Tages, aus den Jahren zwischen 1985 und 1989. Tiefenbohrungen gleich werden einzelne Augenblicke des Alltags zerdehnt, um so die Totalität dessen, was in ihnen gesehen, gefühlt und gedacht wird, zeigen zu können. Scheinbar ungefiltert erfährt der Leser Intimes aus Charlys Alltag: von Sehnsüchten des deutschen Jedermann, von moralischen Fesseln und gesellschaftlichen Fallstricken. Mit einer Sprache, die zwischen zarter Poesie und deftigen Zoten ebenso springt wie das Leben selbst, entlarvt der Erzählkünstler Kleeberg (Anna-Seghers-Preis, Lion-Feuchtwanger-Preis) en passant die sorgsam verdrängten Lebenslügen seines Helden. Dass der Roman in Hamburg spielt, ist ob dieser reichhaltigen Literatur nur noch ein Sahnehäubchen.
Wie so manches gute Buch hört auch der neue Roman „Karlmann” (DVA) von Michael Kleeberg nicht mit einem Happy End auf, sondern fängt damit an: Karlmann, der seinen altdeutschen Namen hasst und sich Charly nennt, heiratet seine Traumfrau. Zeitgleich siegt Boris Becker völlig unerwartet in Wimbledon. Der Romanheld verfolgt das Ereignis und ist euphorisiert: „Game, set and match Becker. Der reißt die Arme hoch, sein Kopf hängt. So geht er zum Netz. Das strahlende Jungenlachen. Erlösung. Charly hat gesiegt. Zuversicht fürs eigene Leben sitzt jetzt so fest auf seinen Knochen wie das Muskelfleisch.” Spät am Abend, zum krönenden Abschluss seiner feierlichen Rede, „schenkt” der wohlhabende Vater Charly die Stelle des Geschäftsführers in einem Opel-Autohaus. Gedanklicher Höhenflug und mittelmäßige Realität prallen erstmals aufeinander.
„Wenn es einen deutschen Schriftsteller der Gegenwart gibt, der die Erneuerung der deutschen Literatur aus dem Geist des Erzählens verkörpert, dann ist es Michael Kleeberg”, notierte Tilman Krause. Um dem Alltag seines Durchschnittshelden sein Geheimnis zu entreißen, verdichtet der Autor und Proust-Übersetzer Kleeberg den Roman auf fünf Momente, jeweils einige Stunden eines Tages, aus den Jahren zwischen 1985 und 1989. Tiefenbohrungen gleich werden einzelne Augenblicke des Alltags zerdehnt, um so die Totalität dessen, was in ihnen gesehen, gefühlt und gedacht wird, zeigen zu können. Scheinbar ungefiltert erfährt der Leser Intimes aus Charlys Alltag: von Sehnsüchten des deutschen Jedermann, von moralischen Fesseln und gesellschaftlichen Fallstricken. Mit einer Sprache, die zwischen zarter Poesie und deftigen Zoten ebenso springt wie das Leben selbst, entlarvt der Erzählkünstler Kleeberg (Anna-Seghers-Preis, Lion-Feuchtwanger-Preis) en passant die sorgsam verdrängten Lebenslügen seines Helden. Dass der Roman in Hamburg spielt, ist ob dieser reichhaltigen Literatur nur noch ein Sahnehäubchen.