Philosophisches Café mit Hartmut Rosa
Immer schneller soll es gehen. Zeit muss gespart werden. Dieses knappste aller Güter wird rationiert und rationalisiert. Aber wo bleibt sie, die eingesparte Zeit? Oder ist hier die vermeintliche Lösung wieder mal das Problem? Erweist sich die dauerhafte Beschleunigung selbst als Zeitfresser? Führt Temposteigerung zur Gegenwartsschrumpfung (Hermann Lübbe)? Sind wir kurz vor dem rasenden Stillstand (Paul Virilio)? In der Modellierung von Zeit verbirgt sich die Geheimgrammatik einer Gesellschaft. Die Zeit der Moderne ist insofern aus den Fugen, als die Synchronisierung von Lebenszeit und Weltzeit nicht mehr gottgegeben ist. Aber die Sterblichen, die das selbst in die Hand genommen haben, sind in dieser höllischen Autodidaktik bisher noch Anfänger. Und wir erweisen uns als geradezu lernbehindert, wenn wir uns im Umgang mit Zeit über unsere Endlichkeit hinwegtäuschen wollen. Zeit ist kein Geld, kann weder vermehrt noch angespart werden. Jedermanns Tag hat 24 Stunden. Gewinnen wir Gegenwart oder rennen wir den Zielen hinterher? Wenn wir Zeit gewinnen, indem wir sie verlieren, wie Rousseau sagte, gilt auch die Umkehrung dieser Paradoxie: Wir laufen Gefahr, Zeit zu verlieren, wenn wir sie partout gewinnen wollen. Dann kommen die Atemlosen vor lauter Beschäftigung mit ihrer Atemnot zu nichts mehr. Vor lauter Angst etwas zu verpassen, verpassen wir uns selbst und müssen am Ende bekennen: „Eigentlich bin ich ganz anders, nur komm ich so selten dazu“ (Ödon von Horváth).
Der in Augsburg lehrende Politikwissenschaftler Hartmut Rosa bindet die Fäden der Zeitforschung zusammen: Am Ende mögen wir alt an Jahren sein, haben aber zugleich das Gefühl, kaum gelebt zu haben. Wir leben dann sozusagen länger und kürzer zugleich. Rosa war Juror des von der Körber-Stiftung ausgeschriebenen Deutschen Studienpreises zum Thema „Tempo! Die beschleunigte Welt“. Die prämierten Arbeiten wurden von ihm in der Edition Körber-Stiftung herausgegeben. Im Oktober erscheint „Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne“ bei Suhrkamp.
Moderation: Reinhard Kahl
Immer schneller soll es gehen. Zeit muss gespart werden. Dieses knappste aller Güter wird rationiert und rationalisiert. Aber wo bleibt sie, die eingesparte Zeit? Oder ist hier die vermeintliche Lösung wieder mal das Problem? Erweist sich die dauerhafte Beschleunigung selbst als Zeitfresser? Führt Temposteigerung zur Gegenwartsschrumpfung (Hermann Lübbe)? Sind wir kurz vor dem rasenden Stillstand (Paul Virilio)? In der Modellierung von Zeit verbirgt sich die Geheimgrammatik einer Gesellschaft. Die Zeit der Moderne ist insofern aus den Fugen, als die Synchronisierung von Lebenszeit und Weltzeit nicht mehr gottgegeben ist. Aber die Sterblichen, die das selbst in die Hand genommen haben, sind in dieser höllischen Autodidaktik bisher noch Anfänger. Und wir erweisen uns als geradezu lernbehindert, wenn wir uns im Umgang mit Zeit über unsere Endlichkeit hinwegtäuschen wollen. Zeit ist kein Geld, kann weder vermehrt noch angespart werden. Jedermanns Tag hat 24 Stunden. Gewinnen wir Gegenwart oder rennen wir den Zielen hinterher? Wenn wir Zeit gewinnen, indem wir sie verlieren, wie Rousseau sagte, gilt auch die Umkehrung dieser Paradoxie: Wir laufen Gefahr, Zeit zu verlieren, wenn wir sie partout gewinnen wollen. Dann kommen die Atemlosen vor lauter Beschäftigung mit ihrer Atemnot zu nichts mehr. Vor lauter Angst etwas zu verpassen, verpassen wir uns selbst und müssen am Ende bekennen: „Eigentlich bin ich ganz anders, nur komm ich so selten dazu“ (Ödon von Horváth).
Der in Augsburg lehrende Politikwissenschaftler Hartmut Rosa bindet die Fäden der Zeitforschung zusammen: Am Ende mögen wir alt an Jahren sein, haben aber zugleich das Gefühl, kaum gelebt zu haben. Wir leben dann sozusagen länger und kürzer zugleich. Rosa war Juror des von der Körber-Stiftung ausgeschriebenen Deutschen Studienpreises zum Thema „Tempo! Die beschleunigte Welt“. Die prämierten Arbeiten wurden von ihm in der Edition Körber-Stiftung herausgegeben. Im Oktober erscheint „Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne“ bei Suhrkamp.
Moderation: Reinhard Kahl