Richard Powers
“Wer seine Seele finden will, muss sie zuerst verlieren.” A. R. Lurija
Wann immer er einen neuen Roman vorlegt, und das tut er zum Leserglück in schönster Regelmäßigkeit, überbieten sich die Kritiker diesseits und jenseits des Atlantiks in ihren Lobpreisungen: “Magic Powers”, “mystical Powers” nennen sie ihn, den “größten lebenden Romanautor Amerikas” (The Guardian), den “gewaltigsten Erzähler seiner Zeit”, einen, der eine “magische Symphonie der Worte” (Frankfurter Rundschau) zu Papier bringt. Doch während seine Schriftstellerkollegen wie Jonathan Franzen, T.C. Boyle oder Jeffrey Eugenides längst wie Popstars gefeiert werden, beschaut sich Richard Powers den Literaturzirkus eher vom Rande her. Der neue, der neunte Powers ist nur halb so mächtig wie sein viel besprochenes Opus “Der Klang der Zeit” und eröffnet doch wieder eine ganze Welt. In “Das Echo der Erinnerung” (S. Fischer Verlag) fächert der Amerikaner virtuos Panoramen des modernen Lebens auf und macht die Neurowissenschaft zu Literatur.
Nebraska, das “riesige, leere Herz des Landes”: Nacht. Ein Unfall. Der junge Mark Schluter kommt mit seinem Truck von der schnurgeraden North Line Road ab. Dort, wo die Kraniche sich jedes Frühjahr auf der ihnen einprogrammierten Route sammeln, geschieht eine Tragödie, die doch nur eine Randepisode im großen Weltenganzen darstellt. Marks Schwester versucht, den aus der Welt Gefallenen zurückzuholen. Doch das Selbst ist “eine in der ersten Person erzählte Geschichte”, denn Mark leidet unter Wahnvorstellungen, denkt, Karin sei durch eine Doppelgängerin ersetzt worden: “Ich bin gefangen in den Gedanken von jemand anderem.” Capras-Syndrom diagnostiziert der Neurologe. Doch da ist er mit seinem Latein auch schon am Ende, denn das Leben wird aus Erinnerungen gemacht. Es sind die Kernfragen des Jetzt, die den luziden Autor antreiben: Wie funktionieren die kognitiven Landkarten unseres Gehirns? Kann man das emotionale Denkvermögen ausschalten? Immer tiefer taucht Powers in seinem “neurologischen Detektivroman” über die Schimäre Erinnerung in das Innerste der Familie ein und zeichnet en passant ein aufregendes Porträt des Mittleren Westens. Selten war die literarische Symbiose aus Wissenschaft und Seele so beglückend.
“Wer seine Seele finden will, muss sie zuerst verlieren.” A. R. Lurija
Wann immer er einen neuen Roman vorlegt, und das tut er zum Leserglück in schönster Regelmäßigkeit, überbieten sich die Kritiker diesseits und jenseits des Atlantiks in ihren Lobpreisungen: “Magic Powers”, “mystical Powers” nennen sie ihn, den “größten lebenden Romanautor Amerikas” (The Guardian), den “gewaltigsten Erzähler seiner Zeit”, einen, der eine “magische Symphonie der Worte” (Frankfurter Rundschau) zu Papier bringt. Doch während seine Schriftstellerkollegen wie Jonathan Franzen, T.C. Boyle oder Jeffrey Eugenides längst wie Popstars gefeiert werden, beschaut sich Richard Powers den Literaturzirkus eher vom Rande her. Der neue, der neunte Powers ist nur halb so mächtig wie sein viel besprochenes Opus “Der Klang der Zeit” und eröffnet doch wieder eine ganze Welt. In “Das Echo der Erinnerung” (S. Fischer Verlag) fächert der Amerikaner virtuos Panoramen des modernen Lebens auf und macht die Neurowissenschaft zu Literatur.
Nebraska, das “riesige, leere Herz des Landes”: Nacht. Ein Unfall. Der junge Mark Schluter kommt mit seinem Truck von der schnurgeraden North Line Road ab. Dort, wo die Kraniche sich jedes Frühjahr auf der ihnen einprogrammierten Route sammeln, geschieht eine Tragödie, die doch nur eine Randepisode im großen Weltenganzen darstellt. Marks Schwester versucht, den aus der Welt Gefallenen zurückzuholen. Doch das Selbst ist “eine in der ersten Person erzählte Geschichte”, denn Mark leidet unter Wahnvorstellungen, denkt, Karin sei durch eine Doppelgängerin ersetzt worden: “Ich bin gefangen in den Gedanken von jemand anderem.” Capras-Syndrom diagnostiziert der Neurologe. Doch da ist er mit seinem Latein auch schon am Ende, denn das Leben wird aus Erinnerungen gemacht. Es sind die Kernfragen des Jetzt, die den luziden Autor antreiben: Wie funktionieren die kognitiven Landkarten unseres Gehirns? Kann man das emotionale Denkvermögen ausschalten? Immer tiefer taucht Powers in seinem “neurologischen Detektivroman” über die Schimäre Erinnerung in das Innerste der Familie ein und zeichnet en passant ein aufregendes Porträt des Mittleren Westens. Selten war die literarische Symbiose aus Wissenschaft und Seele so beglückend.