Uwe Timm
Schon auf dem Umschlag kann man kaum unterscheiden, welches der handschriftlichen Wörter „der Freund“ und welches „der Fremde“ heißt. In seiner neuen Erzählung begibt sich Uwe Timm erneut auf Spurensuche und verknüpft, wie schon in „Am Beispiel meines Bruders“, das Schicksal eines ihm Nahestehenden mit der eigenen Biografie. In einer elegant montierten Erzählweise entsteht so ein Text, der sowohl sehr persönlich als auch hoch politisch ist und die Geschichte der Bundesrepublik Revue passieren lässt. Benno Ohnesorg – dieser Name ist seit beinahe 40 Jahren synonym für willkürliche Allmachtsfantasien des Staates und sinnlose Gewalt. Ohnesorg wurde 1967 in Berlin während einer Demonstration gegen den Besuch des Schahs aus nächster Nähe von einem Polizisten erschossen.
Uwe Timm blickt hinter die Fotografie, die zur Ikone der Studentenbewegung wurde: Der sterbende Ohnesorg, den Kopf in die Hände einer jungen Frau gebettet, eine heutige Pièta. Doch wer war Benno Ohnesorg? Für Timm zunächst „der Freund“, den er Anfang der sechziger Jahre am Braunschweig-Kolleg kennenlernte, als Timm, der wissbegierige Kürschner, und Ohnesorg, der bildungshungrige Dekorateur, ihr Abitur nachholten. Beide schrieben Gedichte und wurden für einander die ersten Leser und Kritiker: „Schreiben nicht als Alternative, nicht, weil man es gern möchte, aber doch auch etwas anderes tun könnte, sondern weil man keine Wahl hat.“ Beide schwärmen für Camus, dessen Roman „Der Fremde“ die kommenden Ereignisse vorwegnimmt. Sie verlieren sich aus den Augen, in Paris erfährt Timm vom Tod des Freundes. Erst heute beginnt er zu verarbeiten. Der „Meister der Gestaltung verfließender Zeit“ (Die Zeit) klingelt an fremden Türen, stellt Fragen. Berührend schildert er die Begegnung mit dem Sohn, der im vollgestopften Haus der Großeltern lebt, unfähig, etwas wegzuwerfen. Nie lernte er den Vater kennen, seine Bewegungen zitieren ihn dennoch. Sensibel zeichnet Timm ein Leben, das so anders verlief als vermutet: „Wie kam es zu dem Verstummen, noch vor seinem Tod?“ Diese Frage bleibt unbeantwortet – „der Freund“ ist auch „der Fremde“.
Schon auf dem Umschlag kann man kaum unterscheiden, welches der handschriftlichen Wörter „der Freund“ und welches „der Fremde“ heißt. In seiner neuen Erzählung begibt sich Uwe Timm erneut auf Spurensuche und verknüpft, wie schon in „Am Beispiel meines Bruders“, das Schicksal eines ihm Nahestehenden mit der eigenen Biografie. In einer elegant montierten Erzählweise entsteht so ein Text, der sowohl sehr persönlich als auch hoch politisch ist und die Geschichte der Bundesrepublik Revue passieren lässt. Benno Ohnesorg – dieser Name ist seit beinahe 40 Jahren synonym für willkürliche Allmachtsfantasien des Staates und sinnlose Gewalt. Ohnesorg wurde 1967 in Berlin während einer Demonstration gegen den Besuch des Schahs aus nächster Nähe von einem Polizisten erschossen.
Uwe Timm blickt hinter die Fotografie, die zur Ikone der Studentenbewegung wurde: Der sterbende Ohnesorg, den Kopf in die Hände einer jungen Frau gebettet, eine heutige Pièta. Doch wer war Benno Ohnesorg? Für Timm zunächst „der Freund“, den er Anfang der sechziger Jahre am Braunschweig-Kolleg kennenlernte, als Timm, der wissbegierige Kürschner, und Ohnesorg, der bildungshungrige Dekorateur, ihr Abitur nachholten. Beide schrieben Gedichte und wurden für einander die ersten Leser und Kritiker: „Schreiben nicht als Alternative, nicht, weil man es gern möchte, aber doch auch etwas anderes tun könnte, sondern weil man keine Wahl hat.“ Beide schwärmen für Camus, dessen Roman „Der Fremde“ die kommenden Ereignisse vorwegnimmt. Sie verlieren sich aus den Augen, in Paris erfährt Timm vom Tod des Freundes. Erst heute beginnt er zu verarbeiten. Der „Meister der Gestaltung verfließender Zeit“ (Die Zeit) klingelt an fremden Türen, stellt Fragen. Berührend schildert er die Begegnung mit dem Sohn, der im vollgestopften Haus der Großeltern lebt, unfähig, etwas wegzuwerfen. Nie lernte er den Vater kennen, seine Bewegungen zitieren ihn dennoch. Sensibel zeichnet Timm ein Leben, das so anders verlief als vermutet: „Wie kam es zu dem Verstummen, noch vor seinem Tod?“ Diese Frage bleibt unbeantwortet – „der Freund“ ist auch „der Fremde“.