uwe timm
Berlin, Invalidenfriedhof: Der Erzähler in Uwe Timms Roman „Halbschatten” (Kiepenheuer & Witsch) lässt sich die Grabstätten erklären, hört deren verborgene Geschichten und nimmt mit einem Mal die Stimmen der Toten wahr. Sie erzählen von sich, und sie erzählen deutsche Geschichte, die Scharnhorsts und Heydrichs und die namenlosen Toten aus dem Mai 1945, die hier begraben liegen. Und da liegt der Findling der berühmten Fliegerin Marga Wolff von Etzdorf, die sich, gerade mal fünfundzwanzigjährig, im Mai 1933 das Leben nahm – nach einer Bruchlandung in Syrien … der Findling mit der Aufschrift „Der Flug ist das Leben wert.”
Wie schon in seinen von Kritik und Publikum gefeierten Romanen „Am Beispiel meines Bruders” und „Der Freund und der Fremde” gelingt es Uwe Timm, Erzählformen zu schaffen, die Dokumentarisches und Fiktionales miteinander verschmelzen, die keinem einsinnigen So-ist-es-gewesen das Wort reden, die die Katastrophen der Geschichte aufzeigen und gleichzeitig den Möglichkeitssinn schärfen. So wie im Falle der Marga von Etzdorf, die – so scheint es – in einen Waffenschmuggel verwickelt war und deren Selbstmord zu vielerlei Spekulationen Anlass gab. Und da ist das, was sie mit dem Jagdflieger Christian von Dahlem verband, den sie in Japan kennen lernte und mit dem sie eine ungewöhnliche Nacht verbrachte, getrennt durch einen Paravent, eine Nacht des Erzählens, der Preisgabe persönlichster Erfahrungen. „Die Vase mit den Orchideenblüten. Schönheit haftet nicht den Dingen an, sondern liegt im Helldunkel, im Schattenspiel, das sich zwischen den Dingen entfaltet, sagt der Dichter Tanizaki Junichiro. Und ich denke, es ist tatsächlich so, dass die Dinge sich für uns jeweils anders abschatten. Erst in unserem Blick, der immer auch aus einer bestimmten Perspektive, einer Geneigtheit kommt, werden sie schön.” Uwe Timms neuer Roman zeigt eindrücklich, dass das Vergangene nie in klarem Licht erscheint, nur im Zwielicht, im Halbschatten.
Berlin, Invalidenfriedhof: Der Erzähler in Uwe Timms Roman „Halbschatten” (Kiepenheuer & Witsch) lässt sich die Grabstätten erklären, hört deren verborgene Geschichten und nimmt mit einem Mal die Stimmen der Toten wahr. Sie erzählen von sich, und sie erzählen deutsche Geschichte, die Scharnhorsts und Heydrichs und die namenlosen Toten aus dem Mai 1945, die hier begraben liegen. Und da liegt der Findling der berühmten Fliegerin Marga Wolff von Etzdorf, die sich, gerade mal fünfundzwanzigjährig, im Mai 1933 das Leben nahm – nach einer Bruchlandung in Syrien … der Findling mit der Aufschrift „Der Flug ist das Leben wert.”
Wie schon in seinen von Kritik und Publikum gefeierten Romanen „Am Beispiel meines Bruders” und „Der Freund und der Fremde” gelingt es Uwe Timm, Erzählformen zu schaffen, die Dokumentarisches und Fiktionales miteinander verschmelzen, die keinem einsinnigen So-ist-es-gewesen das Wort reden, die die Katastrophen der Geschichte aufzeigen und gleichzeitig den Möglichkeitssinn schärfen. So wie im Falle der Marga von Etzdorf, die – so scheint es – in einen Waffenschmuggel verwickelt war und deren Selbstmord zu vielerlei Spekulationen Anlass gab. Und da ist das, was sie mit dem Jagdflieger Christian von Dahlem verband, den sie in Japan kennen lernte und mit dem sie eine ungewöhnliche Nacht verbrachte, getrennt durch einen Paravent, eine Nacht des Erzählens, der Preisgabe persönlichster Erfahrungen. „Die Vase mit den Orchideenblüten. Schönheit haftet nicht den Dingen an, sondern liegt im Helldunkel, im Schattenspiel, das sich zwischen den Dingen entfaltet, sagt der Dichter Tanizaki Junichiro. Und ich denke, es ist tatsächlich so, dass die Dinge sich für uns jeweils anders abschatten. Erst in unserem Blick, der immer auch aus einer bestimmten Perspektive, einer Geneigtheit kommt, werden sie schön.” Uwe Timms neuer Roman zeigt eindrücklich, dass das Vergangene nie in klarem Licht erscheint, nur im Zwielicht, im Halbschatten.