Mi 18.3.09
20.00 Uhr
Ort: Literaturhaus - Schwanenwik 38 - 22087 Hamburg
8,-/6,-/4,-

viola roggenkamp

liest aus ihrem neuen Roman „Die Frau im Turm“ Sigrid Brinkmann moderiert

„Die Cosel erwacht. Die Cosel erwachte. Die Cosel ist erwacht. Die Cosel sieht sich am Fenster stehen, wie sie am Fenster gestanden haben wird, Nacht um Tag um Tag um Nacht um Nacht um Tag.”

In ihrem neuen großen Roman „Die Frau im Turm” (S. Fischer) verknüpft die Hamburger Autorin Viola Roggenkamp die Schicksale zweier Frauen, die kontrastreicher nicht sein könnten und zwei Jahrhunderte widerspiegeln: Anna Constantia Reichsgräfin von Cosel war die Maîtresse en titre des sächsischen Kurfürsten August des Starken und eine Legende: klug, gebildet, hoffärtig, machtbesessen. Als sie ihre Nase zu tief in die politischen Angelegenheiten Augusts steckte, fiel sie bei Hofe in Ungnade und musste fort. 1716 wurde die Cosel auf der Burg Stolpen gefangen gesetzt. Nie wieder sollte sie ihren Turm verlassen, 49 Jahre lang: „Schon lange denkt sie, ohne zu sprechen.” Während ihrer Gefangenschaft, so schildert Roggenkamp eindrucksvoll, wird die eingekerkerte Frau zur Philosophin, die Trost und Weisheit in der jüdischen Religion findet und sich kurz vor ihrem Tod zum Judentum bekennt: „Fürchtet sich der Mensch vor Gott, was fürchtet er, wenn nicht seine eigenen Taten?”

Masia Bleiberg aus Hamburg ist so eine, die im Zug am liebsten rückwärts zur Fahrtrichtung sitzt. Eine in sich selbst Eingesperrte, ein ungeliebtes Kind. Ohne Beruf, ohne Liebe, ohne Ahnung, wohin mit sich, taumelt sie durchs Leben und klammert sich an eine Vergangenheit, von der sie kaum etwas weiß: Ihr Vater ist Jude, war lange Zeit in Israel, dann in der DDR und soll in Dresden leben. Masia, die „Vatertochter ohne Vater”, will diesen Max Sigmund Bleiberg finden und mit ihm die eigene Geschichte: „,Die Frage ist’, sagte Masia, ,warum jemand die Erinnerung an andere Menschen auslöscht, die in seinem Leben von Bedeutung sind.’” Da trifft es sich, dass ihr einziger Freund, der fette August, der sich eigentlich als Produzent von Pornofilmchen über Wasser hält, einen anspruchsvollen Film über die Gräfin Cosel plant. Das Gespann macht sich auf nach Dresden, und auf wundersame Weise vermischen sich das Gestern und das Heute: „Viola Roggenkamp ist eine Erzählerin von hohen Graden” (Frankfurter Rundschau).

8,-/6,-/4,-

„Die Cosel erwacht. Die Cosel erwachte. Die Cosel ist erwacht. Die Cosel sieht sich am Fenster stehen, wie sie am Fenster gestanden haben wird, Nacht um Tag um Tag um Nacht um Nacht um Tag.”

In ihrem neuen großen Roman „Die Frau im Turm” (S. Fischer) verknüpft die Hamburger Autorin Viola Roggenkamp die Schicksale zweier Frauen, die kontrastreicher nicht sein könnten und zwei Jahrhunderte widerspiegeln: Anna Constantia Reichsgräfin von Cosel war die Maîtresse en titre des sächsischen Kurfürsten August des Starken und eine Legende: klug, gebildet, hoffärtig, machtbesessen. Als sie ihre Nase zu tief in die politischen Angelegenheiten Augusts steckte, fiel sie bei Hofe in Ungnade und musste fort. 1716 wurde die Cosel auf der Burg Stolpen gefangen gesetzt. Nie wieder sollte sie ihren Turm verlassen, 49 Jahre lang: „Schon lange denkt sie, ohne zu sprechen.” Während ihrer Gefangenschaft, so schildert Roggenkamp eindrucksvoll, wird die eingekerkerte Frau zur Philosophin, die Trost und Weisheit in der jüdischen Religion findet und sich kurz vor ihrem Tod zum Judentum bekennt: „Fürchtet sich der Mensch vor Gott, was fürchtet er, wenn nicht seine eigenen Taten?”

Masia Bleiberg aus Hamburg ist so eine, die im Zug am liebsten rückwärts zur Fahrtrichtung sitzt. Eine in sich selbst Eingesperrte, ein ungeliebtes Kind. Ohne Beruf, ohne Liebe, ohne Ahnung, wohin mit sich, taumelt sie durchs Leben und klammert sich an eine Vergangenheit, von der sie kaum etwas weiß: Ihr Vater ist Jude, war lange Zeit in Israel, dann in der DDR und soll in Dresden leben. Masia, die „Vatertochter ohne Vater”, will diesen Max Sigmund Bleiberg finden und mit ihm die eigene Geschichte: „,Die Frage ist’, sagte Masia, ,warum jemand die Erinnerung an andere Menschen auslöscht, die in seinem Leben von Bedeutung sind.’” Da trifft es sich, dass ihr einziger Freund, der fette August, der sich eigentlich als Produzent von Pornofilmchen über Wasser hält, einen anspruchsvollen Film über die Gräfin Cosel plant. Das Gespann macht sich auf nach Dresden, und auf wundersame Weise vermischen sich das Gestern und das Heute: „Viola Roggenkamp ist eine Erzählerin von hohen Graden” (Frankfurter Rundschau).

Kulturpartner NDR Kultur